Auf dem Spielzeugklavier im Wettstreit mit den Glocken von Sonneberg

The Joy of Toy - Virtuose Klanggewitter und verträumte Melodien im Museum

Von Stefan Löffler (Ausschnitte)

22 May 2001, Freies Wort Sonneberg

Wussten Sie, dass man auf einem Spielzeugklavier mit 37 Tasten und drei Oktaven ein richtiges Konzert geben kann? Nun, Isabel Ettenauer, eine Pianistin aus Österreich, hat es den Sonnebergern am Sonntagabend bewiesen.

Die drei Spielzeugklaviere (toy pianos), die im Treppenhaus des Spielzeugmuseums auf die Künstlerin aus Österreich warteten, schienen so zierlich und zerbrechlich wie diese selbst. Was Isabel Ettenauer aber dann auf ihnen zelebrierte, und in welcher Form, ließ das Publikum schon bald aufhorchen.

Zur Ehre des gastgebenden Hauses begann sie ihr Spiel auf dem von diesem zur Verfügung gestellten Goldon-Spielzeugklavier - mit dem ersten seriösen Stück, das je für Spielzeugklavier komponiert wurde. Die schon 1948 entstandene fünfsätzige 'Suite for Toy Piano' des Amerikaners John Cage ist schon auf einem Klavier mit neun Tasten zu spielen. Cage suchte immer das Außergewöhnliche. Er gilt übrigens auch als Erfinder des so genannten präparierten Klaviers. Dau installierte er einfach Schrauben und Gummis zwischen den Klaviersaiten, was dem Piano einen schlagzeugartigen Klang verlieh. 'Little Box of Tricks' (die 'kleine Trickkiste für Spielzeugklavier') hingegen wurde erst vor wenigen Monaten von der Amerikanerin * Lydia Martin eigens für Isabel Ettenauer komponiert. Denn die 28 Jahre junge, virtuose Pianistin aus St. Pölten, die sich auch mit ungewöhnlichen Projekten beschäftigt, macht mittlerweile weltweit von sich reden.

Ettenauer, die eine klassische Pianistenausbildung genoss und natürlich auch Konzerte am großen Flügel spielt, hatte sich eines Tages ihres alten Bontempi-Spielzeugklaviers aus Kinderzeiten erinnert, es wieder hervorgekramt und getestet. Das Experiment, die Stücke großer, vor allem zeitgenössischer Komponisten auf einem toy piano zu spielen faszinierte sie.

Wie das Publikum sofort feststellen konnte, sind die Klangunterschiede bei Spielzeugklavieren viel heller, weil beim toy piano die Metallstäbe mit Plastikhämmern angeschlagen werden. Das ergibt die eigentümlichen, glockenähnlichen Klänge.

Mit diesen musste Ettenauer zeitweise gegen die laut tönenden Abendglocken von St. Peter und St. Stephan anspielen, die sie zu übertönen drohten. Doch sie nahm's gelassen. "Es ist nicht leicht, mit einem Spielzeugklavier gegen die Glocken von Sonneberg anzuspielen", erklärte sie schmunzelnd.

Das für das Publikum faszinierendste Stück ihres Konzertes war jedoch 'The Animist Child' des New Yorkers Jerome Kitzke. Da dieser sehr von der spirituellen Musik der Indianer beeinflusst ist, wurde Ettenauers Interpretation denn zu einer Art Performance, in der die Pianistin auch mit Händetrommeln, Klatschen und Stimmlauten arbeitete. Das Publikum fühlte sich zeitweise wie bei einem indianischen Pow Wow.

(...)

Mit Stephen Montagues 'Mirabella', einer feurigen Tarantella für Spielzeugklavier, endete schließlich das einzigartige, viel beklatschte Konzert.

(* Anm. IE: Lydia Martin ist eine britische (nicht amerikanische) Komponistin)

 

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