Spielzeugpianos, Orgeln und dampfplaudernde Stromgitarren

Von Curt Cuisine

1 March 2014, skug - Journal für Musik

Wo steht die moderne Musik heute? Verwendet sie noch Noten oder kompositorische Prinzipien? Hat sie sich ins Paradies der Spontanität verabschiedet? Wird sie immer noch überwiegend von älteren, noblen Herren gehört und hat sie es auch sonst recht gemütlich im Konzertsaal? Na gut, die letzten zwei Fragen werden wir hier auch nicht beantworten, aber immerhin werden wir in Windeseile durch ein paar Neuerscheinungen galoppieren.

»Whatever Shall Be« versammelt alle Kompositionen von Karlheinz Essl für das Spielzeugpiano. Es handelt sich hier um eine gegenseitige Befruchtung von Interpret und Komponist über den Umweg des exotischen Instruments. Isabel Ettenauer ist ein veritabler Toy Piano-Nerd bzw. natürlich auch entsprechende Toy Piano-Virtuosin. Im Laufe von fünf Jahren hat Essl mehrere Stück dafür – und auch für anverwandte Instrumente wie das afrikanische Daumenklavier Kalimba – komponiert. Außerdem war von der ersten Komposition an die Elektronik im Spiel (erst nur als ein direkt ins Piano eingebautes Feedback via Lautsprecher, danach mit allerhand Elektronik). Dadurch wird »Whatever Shall Be« nicht nur zur erstaunlich abwechslungsreichen Klangreise, sondern auch zu einer beispielhaften Kür, wie man durch die Fokussierung auf ein eingeengtes Setting ein Mehr an kreativen Lösungen findet. Damit haben wir gleich eine Antwort auf eine noch gar nicht gestellte Frage: Wie man heutzutage noch spannende kompositorische Zugänge findet. Die Symbiose von Essl und Ettenauer ist dafür schon mal kein schlechtes Beispiel.

 

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